VDMA-Geschäftsführer Joachim Schmid

bauma 2016 – erneut Standortbestimmung der Branche

Joachim Schmid: "Politische und gewaltsame Konflikte, die niedrigen Rohstoffpreise und ungelöste wirtschaftliche Krisen bringen viel Unsicherheit mit sich."Foto: VDMA

Die weltweit größte Präsentation von Bau- und Baustoffmaschinen, die bauma 2016, öffnet wieder für eine Woche ihre Pforten. Über die Leistungsschau der Superlative und über die konjunkturelle Lage der Branche sprach in Frankfurt/Main kurz vor Messestart Rainer Oschütz, Chefredakteur der Allgemeinen Bauzeitung, mit Joachim Schmid, VDMA Geschäftsführer des Fachverbandes Bau- und Baustoffmaschinen.

ABZ: Herr Schmid, die bauma ist jedes Mal wieder eine Standortbestimmung der Branche. Wie schätzen Sie die gegenwärtige konjunkturelle Lage ein?

Schmid: Die bauma wird wieder für uns ein wichtiger Gradmesser sein wie sich die Konjunktur in den kommenden Jahren entwickelt. Da muss man in unserem Fachbereich differenzieren zwischen den Baumaschinen- und Baustoffmaschinenherstellern. Für den Baumaschinenbereich verzeichnen wir in den vergangenen Jahren eine waagerechte Bewegung. Unsere Baumaschinenhersteller profitierten auch von den guten Geschäften auf den positiven Märkten Europas, des Nahen Ostens und Nordamerikas. Demgegenüber stehen extreme Rückgänge in den Märkten wie China, Brasilien und Russland. Für dieses Jahr werden wir sicherlich keine großen Sprünge erwarten können. Die Geschäfte am traditionellen deutschen Markt sollten sich aber als stabil erweisen. Das Gleiche gilt für Großbritannien, Skandinavien und Benelux. Auch der indische Markt scheint sich 2016 für unsere Branche positiv zu entwickeln. Von Russland wird in diesem Jahr wenig zu erwarten sein.

Ebenso von Lateinamerika und dem ehemals größten Markt China, das jedoch weiterhin für uns ein Wachstumsmarkt für Baumaschinen sein wird, weil sich das Land weiterentwickelt. Die hohen Stückzahlen werden jedoch nicht wieder erreicht. Was den Nahen Osten anbelangt, werden die Geschäfte dort immer noch vom geringen Ölpreis beeinflusst wie auch in Nordamerika. Gleichzeitig werden die Risiken immer größer. Politische und gewaltsame Konflikte, die niedrigen Rohstoffpreise und ungelöste wirtschaftliche Krisen bringen viel Unsicherheit mit sich.

ABZ: Keine guten Voraussetzungen für die Baustoffmaschinen . . .

Schmid: Bei den Anlagenbauern sieht es ganz anders aus. Die vergangenen Jahre waren bereits nicht all zu berauschend. Ich sehe auch künftig keine große Verbesserung dieser Lage, nicht zuletzt durch die Schwäche der aufstrebenden Märkte wie der BRICS-Staaten. Weiterhin sind auch Überkapazitäten in den einzelnen Regionen zu verzeichnen. Die Baustoffmaschinenhersteller sehnen sich nach den Ländern, die wieder über größere Wachstumsraten verfügen. Große Hoffnung setzt dabei die Branche auf den indischen Markt und auf den Iran.

ABZ: Zur bauma 2013 stand die Einführung der Motoren mit den Emissionsvorschriften Tier4final/StufeIV im Mittelpunkt der Baumaschinenpräsentation. Ist dieser Prozess für die Hersteller jetzt abgeschlossen?

Schmid: Auf dem Papier ist dieses Thema eigentlich bereits erledigt. Wir haben die Stufe IV eingeführt und die Stufe V vorbereitet. Die Werte, die erreicht werden sollen sind bekannt. Doch hier haben wir bereits die erste Verunsicherung für die Hersteller. Das ganze Paket sollte schon Ende 2015 ratifiziert sein. Solange das nicht geschehen ist, fehlt den Unternehmen eine gewisse Planungssicherheit. Wir hoffen, dass diese Entscheidung noch in diesem Jahr erfolgt, denn 2019 müssen die ersten Maschinen mit den neuen Motoren ausgerüstet sein. Auch die Einführung der Stufen IIIB und IV erfolgte ja nicht von heute auf morgen. Es müssen eine Vielzahl von Modellen umgestellt werden. Schwierig wird es für die Industrie, wenn sie sich bereits auf die neuen Regeln eingestellt hat und die Behörden mit immer höheren Forderungen kommen. Ich bin sicher, dass insgesamt gesehen diese Thematik auch nach 2019 nicht vom Tisch ist. Auch Themen wie die Überwachung der Werte im Einsatz der Technik kommen noch hinzu.

ABZ: Der Vorsitzende Ihres Fachverbandes, Johann Sailer, sprach davon, dass die Abgasdiskussion eine rasche Modernisierung bedroht. Welche Überlegungen stecken dahinter?

Schmid: Aktuelle Pläne der Berliner Senatsverwaltung haben eine politische Diskussion in Abgasfragen losgetreten, die unverständlich ist. Bauunternehmen haben in teure Motoren investiert und sollen jetzt noch einmal nachrüsten. So sollen alle Baumaschinen mit einer farblichen Kennzeichnung versehen und hinsichtlich der Emissionen klassifiziert werden. Was beim Auto bekannt ist, droht bei den Baumaschinen eine echte Modernisierungsblockade auszulösen. Wie Herr Sailer festgestellt hat, kann es nicht sein, dass Maschinen, die mit einer extrem aufwendigen und teuren Abgasanlage ausgestattet sind , schlechter gestellt werden, als uralte und ineffiziente Maschinen, die lediglich mittels nachgerüsteten Diesel-Rußpartikelfilter beim Feinstaubausstoß gute Werte erzielen können. Das Land Berlin droht hier mit einem umweltpolitischen Schildbürgerstreich. Denn die Altmaschinen belasten die Umwelt um ein Vielfaches. Sie sind meist doppelt so laut, verbrauchen ca. 15 % mehr Sprit und stoßen über 90 % mehr Stickoxide aus. Fest steht, dass Nachrüstung keine zufriedene Lösung bedeutet. Im Gegenteil, sie behindert vielmehr die Markeinführung moderner und umweltfreundlicher Maschinen. Für mich ist es ein Unding, dass immer weniger auf wirtschaftliche Argumente Rücksicht genommen wird. Es ist mittlerweile an der Tagesordnung, den ganzheitlichen Umweltschutz einäugigen Detailargumenten zu opfern – für mich eine neue Qualität in der politischen Auseinandersetzung.

ABZ: Die Ausbildung ist für Ihren Fachverband eine wichtige Aufgabe. Wie spiegelt sich das an den kommenden Messetagen wider?

Schmid: Die "Think Big" in der Messehalle B0 ist für uns ein Lieblingsprojekt geworden. Damit haben wir 2013 eine Ausbildungsinitiative ins Leben gerufen, die immerhin 14 000 Schülerinnen und Schüler zur bauma gelockt hat. Das war mehr als wir erwartet konnten. In diesem Jahr haben wir die Veranstaltung weiter ausgebaut. Unser Ziel ist es, einem noch größeren Kreis von jungen Leuten zu ermöglichen, einen Einblick in unsere Branche zu bekommen. Elf Unternehmen und weitere Partnerorganisationen werden Informationen über den spannenden Berufsalltag vom Mechaniker bis hin zum Ingenieur vermitteln. Zu diesem Event kommen diesmal auch verstärkt Berufs- und Hochschulen "zu Wort". Wir wollen damit sowohl auf die gewerbliche Ausbildung hinweisen, als auch Jugendliche für die akademische Laufbahn begeistern. Eine weitere Neuerung ist, dass der Bereich "Forschung live", vom Eingangsbereich West in die Halle B0 integriert wurde. Damit zeigen wir welche Rolle Forschung und Entwicklung in der Bau- und Baustoffmaschinenbranche spielt. Ich bin sicher, dass wir auch zu dieser Leistungsschau bei den meisten Jugendlichen Interesse für den Maschinenbau und alles was dazu gehört wecken werden. Wir sind diesmal auf eine noch größere Teilnehmerzahl vorbereitet. Es werden ganz bestimmt wieder spannende Tage.