Stihl zur bauma 2022

Vom Regen in die Traufe gekommen

Geschäftsführer Heribert Benteler freut sich nach langer Durststrecke wieder über gefüllte Warenlager. Foto: Christoph Scholz

ABZ: Wie hat die Pandemie Ihr Unternehmen betroffen?

Benteler: Wir sind vor der Pandemie aus zwei schwierigen Jahren herausgekommen. 2018 und 2019 hatten wir eine Dürre, und in unserer Branche ist Trockenheit schlimmer als Rezession. Wenn in der Natur nichts wächst, haben wir ein Problem. In der Folge waren Anfang 2020 die Bestände beim Handel niedrig, aufgrund von Bestandsabbau durch geringe Verkaufszahlen. Dann begann die Pandemie und wir gerieten in eine Situation, in der wir alle nicht wussten, was passieren wird.

Ich rede jetzt nur über Deutschland. Nach zwei Wochen haben wir gemerkt, dass unser Handel systemrelevant ist. Durch die Werkstatt und das Verleihgeschäft der Baugeräte, also durch das professionelle Geschäft.

Fast alle unserer Händler hatten ihre Betriebe weiterhin geöffnet. Und dann sind wir überrannt worden, weil der zweite Effekt war, dass sich die privaten Kunden gesagt haben: Ich fahre nicht in Urlaub, sondern verwende das gesparte Geld, um es mir zu Hause und vor allem im Garten schönzumachen oder es mir von einem Profi schönmachen zulassen. So wir sind in einen Auftragsboom von privater wie auch professioneller Seite hineingelaufen.

 

Das war in den Ländern der Welt unterschiedlich. Es hat Länder gegeben, wo auch unser Fachhandel schließen musste. Weil wir auf die Bestände, die für diese Länder geplant waren, zurückgreifen konnten, haben wir auf dem deutschen Markt, dem zweitgrößten Markt weltweit für Stihl, den Überbedarf im Sommer 2019/2020 weitestgehend bedienen können. Die Lage änderte sich im Herbst 2020. Zum einen, weil das Geschäft in den anderen Ländern wieder ansprang. und zum anderen, weil insgesamt einfach nicht mehr genug Ware verfügbar war. Das war die eigentlich kritische Phase. Die Kunden wurden ungehalten, weil sie keine Ware mehr bekommen konnten, denn wir und der Handel waren schlichtweg ausverkauft. Ein Riesenkonflikt, der sich ganz akut über fast ein Jahr gezogen hat.

Es war eine emotionale, unsägliche Situation, in die wir alle unverschuldet hineingeraten sind. Lange fehlte auf allen Seiten – von den Kunden über die Fachhändler bis zu den Herstellern – das Verständnis für das Gegenüber und für die momentane Lage, die einfach nicht zu ändern war und ein großes Maß an Geduld erforderte.

Die Situation hat sich erst Anfang 2021 langsam entspannt. Bis Ende Februar dieses Jahres uns alle der nächste Schock, der Krieg in der Ukraine, traf. Schnell wurde klar: Das kann teuer werden. Also die Inflation.

Dass unsere Händler in diesem Jahr nicht gerade von einem tollen Geschäftsverlauf berichten können, erklärt sich von selbst. Aber es ist auch Tatsache, dass der Kunde in der Krise Markenprodukte kauft. Das heißt, er kauft Sicherheit, er kauft Vertrauen und er tätigt weniger spontane Käufe.

Damit stabilisiert uns so eine Krisensituation eher als andere Marktteilnehmer. Die aktuelle Herausforderung, jetzt vor der kalten Jahreszeit, lautet "19 Grad", sprich die Energiekrise . Die Unsicherheit am Markt nimmt nicht ab und das verfügbare Einkommen nicht zu, ganz im Gegenteil. Wir laufen in eine weitere schwierige Zeit hinein.

ABZ: Eine weitere Folge der Pandemie waren die vielen Messeausfälle. Wie ist Stihl mit dieser Situation umgegangen?

Benteler: Zunächst einmal zielt unser Messekonzept auf professionelle Kunden. Das ist GaLaBau, Kommunal und natürlich Forst aber auch Landwirtschaft und nicht zuletzt Bau. Um diese Kunden trotz ausgefallener Messen erreichen zu können, haben wir für verschiedene Zielgruppen digitale Lösungen angeboten. Das hiesige Trainingsgebäude war unser Fernsehstudio. Wir konnten dabei genau erkennen: Profis wollen Messen. Bei den Händlern sah es ein bisschen anders aus. Diese erreichten wir über unsere Streaming-Veranstaltungen gut. Auf diese Erfahrungen werden wir künftig aufsetzen. Das heißt, es wird sowohl Messeauftritte als auch digitale Angebote geben.

ABZ: Und wie schätzen Sie das Messejahr 2022 ein? Also, was bisher stattfand und was noch kommen kann.

Benteler: Manche Messen finden an irgendeinem nicht gelernten und vielleicht für sie nicht idealen Termin statt. Was die bauma betrifft sind wir gespannt, inwieweit sich die Terminverschiebung auswirkt. Doch die bauma hat eine große Strahlkraft, das lässt vermuten, dass die Messe gut angenommen wird.

ABZ: Welche Neuheiten wird Stihl denn auf der bauma vorstellen?

Benteler: Unser absolutes Produkt-Highlight ist die im Moment stärkste Akku-Säge der Welt, die MSA 300, zusammen mit dem eigens dafür entwickelten Akku AP 500 S. Des Weiteren stellen wir neue Lösungen beim Energie- und Lademanagement vor. Wir sind überzeugt, dass davon ein wesentlicher Teil des Erfolges von Akkuprodukten in der professionellen Anwendung abhängt. Zudem haben wir die Connectivität unserer Produkte, unter der Bezeichnung STIHL connected, weiter vorangetrieben. Sie ermöglicht ein effizientes Flottenmanagement. Immer mehr bieten wir nicht nur Geräte, wie zum Beispiel Trennschleifer, an, sondern ganzheitliche Lösungen, die Anwendungsprobleme beheben. Und wie gesagt, bei Akkus hat das viel damit zu tun, dass das Lademanagement gut funktioniert.

Gerade im Bau bei großen Flotten weiß man oft nicht, wann welches Gerät zum letzten Mal bei der Wartung war. Da lässt sich mit einer digitalen Lösung vieles optimieren, mehr Transparenz und letztlich Effizienz schaffen. Aber natürlich zeigen wir in München das gesamte für die Zielgruppe relevante Sortiment – von Trennschleifern über den Gesteinschneider bis zum neuen Diamantscheiben-Sortiment.

ABZ: Was ist denn für das kommende Jahr an Messen, Veränderungen und Produkten geplant?

Benteler: 2023 wird, wenn uns nichts dazwischenkommt, ein starkes Messejahr. Die Augsburger Baumpflege-Tage, die Demopark, die AGRITECHNICA. Das heißt, wir gehen von einem Messejahr wie vor der Pandemie aus. Ein weiterer Schwerpunkt ist das, was wir intern "Akku-Profi" nennen. Dabei stellen wir die Profikunden sowie die professionellen Anwendungen mit Akku-Produkten noch stärker in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten. Gleichzeitig wird die Akkutechnologie natürlich auch für die ambitionierten Privatkunden, unsere klassische Privatklientel, immer wichtiger. Das führt dazu, dass wir in Deutschland immerhin mehr Akku-Produkte als Benzin-Produkte verkaufen. Auch die Digitalisierung ist ein Thema, das uns künftig begleiten wird. Ob in Prozessen oder in der Beziehung Richtung Kunde, es ist ein wesentlicher Teil unserer Strategie, den wir weiter intensivieren. Wir geben einfach weiter Gas.

ABZ: Und wenn Sie die bauma organisieren würden, was würden Sie bei der Messe hinzufügen, verändern oder weglassen?

Benteler: Die Frage ist nett, aber Sie stellen sie dem Falschen. Was ich damit sagen will: Wir sind mit Sicherheit nicht das kleinste Unternehmen, auch nicht wirklich unbedeutend und emotional sehr wichtig als Marke. Aber wir zählen auf dieser Messe letztendlich nicht zu den Kernausstellern. Zur Messeorganisation habe ich keine kritischen Anmerkungen. Wir wünschen uns aber mehr Standfläche. Denn das Platzangebot bei dieser Messe ist ja schon traditionell zu knapp.